Bünde abrichten

Grundsätzliches und Vorbereitung

Bitte auf keinen Fall sowas ohne Übung an der Lieblingsgitarre vollführen! Lieber zum nächsten Fachbetrieb wetzen und eventuellen Sachschaden vermeiden. Wenn einen dieses Handwerk trotzdem interessiert, übt man am besten an einem Hals, dessen Verlust man notfalls verkraften kann. Hier nun die Anleitung.

1.) Eingeschraubte Hälse werden am besten abgeschraubt. So kann man sie leichter festzwingen und bearbeiten.

2.) Die Trussrod-Mutter sollte so angezogen sein, dass der Hals möglichst gerade ist, im Zweifel eher konvex (nach hinten) als konkav. Sowas kann man gut sehen, wenn man in ganz flachem Winkel von der Kopfplatte (quasi gegen den Sattel) über die Bünde peilt. Wenn man den Hals dabei in Richtung Lichtquelle schwenkt, ergibt sich aus den Bundoberflächen eine Art glänzendes Bild, bei dem auch schon Ungleichheiten auffallen können.

3.) Die Gitarre oder den Hals auf dem Arbeitstisch festzwingen (weiche Unterlage nicht vergessen). Bestens dafür geeignet sind sogenannte Exzenterzwingen aus Buchenholz, die sind schön sanft und vom Handling her einfach ungeschlagen. Beim Anziehen der Zwinge darf sich der Hals keinesfalls verbiegen (höchste Vorsicht bei angewinkelten Kopfplatten), also schön den Kopf unterfüttern und die Zwinge nicht anknallen wie ein Berserker.

4.) Ahorngriffbretter sollte man unbedingt mit Papierklebeband abkleben, beim Abrichten entsteht schließlich feiner Metallschleifstaub und der ist Gift für's womöglich nur gewachste oder geölte Ahorn. Bei Palisander und Ebenholz gibt es keine Probleme. Man kann den ganzen Siff später wieder mit feiner Stahlwolle wegwischen.

5.) Werkzeug: Man braucht zum ersten eine gerade, massive, feine Feile, und da fängt der Ärger auch schon an. Handelsübliche Feilen sind nämlich extra mit einer ganz sanften S-Form gefertigt, also für unsere Zwecke nicht zu gebrauchen. Alternativen sind Abziehsteine oder ein gerader Holzklotz von ca. 20cm Länge, den man z.B. mit 100er Schleifleinen oder Schleifpapier beklebt. Man kann natürlich auch Radien-Schleifklötze nehmen. Am besten investiert man jedoch in eine vernünftige Bundabrichtfeile. So ein Ding hält ewig und lässt sich prima handhaben.

 

Das Abrichten

So, alle Formalitäten erledigt, Abrichtfeile her! Man fängt beim ersten Bund an, Feilenhieb (siehe Pfeil) in Richtung Korpus, und schrabbelt Richtung Korpus.

Die Feile übt bereits durch ihr Eigengewicht genügend Druck aus. Man fährt ganz ohne Hektik so 3-4 cm hin und her und arbeitet sich über das ganze Griffbrett, sowohl in der Länge als auch in der Breite. Zwischendurch immer wieder peilen, wo die Feile schon was weggenommen hat und wo noch nicht. Hier gilt der Grundsatz: So wenig wie möglich, so viel wie nötig, also nur solange feilen, bis alle Bünde auf das Niveau des niedrigsten abgetragen wurden. Bei den unteren Bünden kommt man relativ schnell zu Rande, bei den oberen dauert's etwas länger, da man schließlich auch mehr Material zu befeilen hat. Feilspäne werden mit einer Handbürste entfernt. Wenn man durch ist, ergibt sich für die einzelnen Bundstäbchen ungefähr folgendes Bild:

Da höchstwahrscheinlich bei jedem Bund eine andere Menge an Material abgetragen wurde, sind die Auflageflächen jetzt natürlich auch unterschiedlich breit. Das sieht nicht nur ätzend aus, sondern ist auch Intonationsmäßig nicht ratsam, schließlich soll der Saitenauflagepunkt in der Mitte des Bundes sein und nicht irgendwo am Rand. Jetzt gilt es also, die Bünde wieder in die ursprüngliche, halbrunde Form zu bringen. Und sowas macht man mit einer Bundfeile. Diese hat einen hohlgekehlten Hieb und ist am Markt in verschiedenen Ausführungen erhältlich. Ein gutes Allroundmodell ist die Rockinger Bundfeile. Für Feinarbeiten schwört manch einer allerdings auch auf Diamant Bundfeilen.

Mit der Bundfeile fährt man nun über den Bund, aber Vorsicht! Das Areal, was im oberen Bild mit einem Pfeil gekennzeichnet ist, darf nicht berührt werden. Das Oberflächenniveau muss erhalten bleiben, sonst hätten wir uns den ganzen Akt mit dem Abrichten sparen können. Also, wir legen die Bundfeile sanft auf den Bund, legen den Zeigefinger der linken Hand als zusätzliche Führung links daneben und feilen ganz, ganz zart los. Zwischendurch immer gucken wie die Oberfläche aussieht. So arbeiten wir uns nun über den ganzen Bund, bis auf der Oberfläche ein ca. 0,5mm breiter, unangekratzter Streifen verbleibt. Man kann auch noch ganz vorsichtig über die Griffbrettkante gehen, aber nicht in's Griffbrettholz kratzen! Ein sinniges Hilfsmittel bei der Bearbeitung einzelner Bünde ist übrigens der Fretboard Guard. Das ist quasi eine kleine Griffbrett-Schutzmaske mit Aussparung für das Bundstäbchen.

 

Feinarbeiten

Jetzt sind die Bünde natürlich ganz schartig und kratzig, also auf zum Weichspülgang! Wie immer beim Abtragen von Material gilt der Grundsatz: von Grob zu Fein. Dafür eignet sich ganz hervorragend ein passender Radienschleifklotz, der mit 400er Schleifpapier beklebt ist. Ein anderer Holzklotz tut's natürlich auch, aber gerade muss er sein. Und nun ganz wichtig: das Schleifpapier darf nicht frisch sein! Also bitte vorab schon mal auf Holz schleifen. So verliert das Korn seine gemeine Griffigkeit und nimmt dem Bunddraht nur noch wenig an Substanz, gerade soviel wie von uns gewünscht!

Prinzipiell arbeiten wir hier wie mit der Bundabrichtfeile, wir fangen unten an und wurschteln uns bis oben durch. Auch hier wird man feststellen, dass man bei den unteren Bünden schneller zum Ziel kommt als bei den oberen, die ja näher zusammenliegen und somit mehr Materialdichte aufweisen. Zwischendurch immer wieder mit einem Tuch drüberwischen und kontrollieren. Auch über die Bundkanten sollte man etwas gehen. Wichtig ist auch, dass man nicht nur in Längsrichtung feilt, sondern zum Abschluss auch in Querrichtung. So kriegt man nämlich prima die Längsrillen raus.

Wenn keine Kratzer mehr zu sehen sind, geht´s mit feinen Schleifmitteln weiter. Wir empfehlen dafür Schleifleinen oder Polierpads von Micro Mesh. Feinste Stahlwolle (Stärke "000") geht auch. Sowas gibt's im Werkzeughandel. Da reißt man sich ein handlanges Stück von ab, knüddelt das ein bißchen zusammen und reibt über die Bünde. So poliert man erstens die matte Oberfläche noch etwas auf und außerdem reibt sich damit der vom Schleifen entstandene Staub und Kotter weg. Also schön kreisend mit der Wolle drüber, auch über die Griffkante, bis alles schmust und glänzt.

Eines noch bei Stahlwolle: Vorsicht bei hellen, unlackierten Hölzern. Kommen solche mit Stahlwollenstaub und Handschweiß in Berührung, so gibt es dunkle Flecke, die leider nicht mehr zu entfernen sind. Ahorngriffbretter daher bitte unbedingt vorher abkleben!

Der Profi bearbeitet die Bünde zu guter letzt sogar noch mit der Schwabbel, das ist so 'ne große, stationäre Poliermaschine. Damit holt man zwar noch ein bißchen mehr Glanz raus, allerdings ist das auch eine recht heikle und nicht ganz ungefährliche Angelegenheit.